Spielen und die Begriffe Smartphone und Tablet gehören mittlerweile ja ziemlich fest zusammen. Für Archos sogar so fest, dass man ein eigenes Tablet herausgebracht hat, das mit einem eingebauten Contoller bestückt zum idealen Android-Gaming-Device wird. Klar, die Rede ist vom Archos Gamepad, dessen Nachfolger ich im vergangenen Monat ausgiebigst in die Mangel genommen habe.
Ein kleiner Rückblick: Das erste Gamepad war für Archos kein wahnsinniger Erfolg. Das Gerät war in erster Line auf einen erschwinglichen Preis getrimmt und wurde deshalb mit günstigeren Komponenten bestückt. Kritik gab es schließlich am Display, das als zu dunkel und zu unscharf beschrieben wurde, und an der recht kurzen Akkulaufzeit. Trotz allem haben sich die Franzosen die Mühe gemacht, einen Nachfolger zu entwickeln, der kostspieliger, aber auch besser werden sollte.
Größtenteils saubere Verarbeitung
Rein vom ersten Eindruck her hat sich das durchaus gelohnt. Das Gamepad 2 fühlt solide und nicht übermäßig billig an. Dafür sorgt beispielsweise die angeraute Kunststoffrückseite. Was den Eindruck stört, ist das leise Knirscheln der Hülle, wenn man das Tablet einmal etwas fester anfasst. Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: Beim normalen Gebrauch ist davon nichts zu hören. Die Verarbeitung geht deshalb durchaus in Ordnung.
Optisch erinnert das Gamepad 2 nicht nur ein wenig an die Handhelds von Sony, ist aber um einiges größer, weil die Controller nicht nur ein 5, sondern ein 7 Zoll großes Display umfassen. Auf dem Screen ist also reichlich Platz, um das Gamen zu genießen. Dieses Mal wird das auch nicht durch eine schlechte Bildqualität verhagelt. Archos setzt auf einen IPS-Screen mit 1.280 x 800 Pixeln. Dadurch bekommt man ein ausreichend scharfes Bild mit guter Farbwiedergabe und Blickwinkelstabilität. Die Helligkeit der Anzeige geht ebenfalls in Ordnung, wie ich unter anderem auf einer längeren Autofahrt herausfinden konnte. Auf der Couch ist das sowieso kein Problem.
Was man von der Steuerung erwarten kann
Die Anzeige ist natürlich wie bei anderen Tablets berührungsempfindlich, reagiert zum Teil aber etwas bockig. Aufgefallen ist mir das zum Beispiel beim Browsen, wenn sich Tabs in Chrome partout nicht schließen lassen wollten. Hier mag es etwas an Genauigkeit mangeln. In den meisten Situationen stellt sich der Touchscreen beim Gamepad 2 aber nicht quer und ist deshalb auch beim Spielen keine Behinderung – sofern man ihn denn überhaupt dafür benutzt und nicht auf die physischen Tasten zurückgreift.
Die sind Archos meiner Meinung nach ziemlich gut gelungen, haben einen angenehmen Druckpunkt, sitzen fest im Gerät und sind gut zu erreichen. Als etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich anfangs nur die Analogsticks, die zumindest in einigen Spielen ziemlich empfindlich waren, und das Schultertastendoppel an der Oberseite. Bei einem normalen Controller sind die übereinander, beim Gamepad 2 nebeneinander angeordnet. Das macht es etwas schwerer, beide Tasten zu erreichen. Hätte man allerdings versucht, das anders zu lösen, wären die Tasten entweder sehr klein oder das Tablet noch dicker ausgefallen. Mit einem Zentimeter Tiefe ist es ohnehin kein sonderlich flaches Gerät. Von daher würde ich Archos wegen dieses Kompromisses keinen Vorwurf machen, zumal es letztlich auch eine Frage der Gewöhnung ist.
Mapping-Tool macht native Controller-Unterstützung zum Teil unnötig
Das Interessante am Gamepad 2 ist, dass man auch Spiele mit dem Controller steuern kann, die eigentlich nicht dafür entwickelt wurden. Archos hat dafür ein Mapping-Tool erstellt, mit dem sich Touchscreen-Berührungen simulieren lassen. Per Software wird den Sticks und Buttons ein Bereich auf dem Bildschirm zugewiesen, auf dem eine Berührung registriert werden soll, sobald man auf die Taste drückt. Schon laufen auch Spiele mit Controller, die es eigentlich nicht können. Zumindest in der Theorie. In der Praxis hat sich gezeigt, dass längst nicht jedes Spiel dafür geeignet ist. Dazu zählen zum einen jene, die keine On-Screen-Buttons besitzen (beispielsweise Angry Birds), und solche, bei denen schnelle Reaktion das A und O ist. Gerade wenn der Titel den Prozessor sehr fordert, kommt es zu leichten Verzögerungen. Bei einem Action-RPG ist das kein Problem, bei einem Shooter möglicherweise schon. Eine positive Überraschung ist, dass Archos für eine ganze Reihe von Spielen bereits fertige Key-Maps mitliefert. Nach der Installation kann man bei vielen namhaften Titeln so quasi sofort loslegen.
Performance im Mittelmaß
Die Arbeitsgeschwindigkeit des Gamepad 2 geht generell in Ordnung, ohne zu überragen. Obwohl Archos einen Vierkerner mit 1,6 GHz und 2 GB RAM verbaut hat, muss man in seltenen Fällen mit Rucklern in Menüs oder einem nicht ganz so zügigen Aufbau von Webseiten leben. Ein Rockchip ist nun mal kein Qualcomm-Prozessor. In Sachen Spieleperformance wäre Letzterer wohl auch die bessere Wahl gewesen. Das Gamepad 2 besitzt einen Mali 400 MP4-Grafikchip, der mittlerweile als etwas angestaubt gelten kann. Die Leistung reicht zwar aus, um auch neuesten Spiele noch flüssig auf das Display zu bringen. Zum Teil wird dann aber an den Details geschraubt. Für ein Gaming-Tablet ist das natürlich nicht ideal. Ich habe allerdings die Vermutung, dass hier theoretisch mit Software-Anpassungen noch ein wenig mehr herauszuholen wäre.
Das Gamepad 2 als Experte für Emulatoren
Das Gamepad 2 hat zudem einen Trumpf im Ärmel, der gerade Gamern der älteren Generation zusagen dürfte: Die Emulator-Tauglichkeit und das damit verbundene Angebot an Qualitätsspielen. Auch wenn das Tablet bei Android-Titeln nicht immer das Maximum rausholen kann, für die Virtualisierung älterer Konsolen ist genug Leistung vorhanden. Die Bandbreite reicht dabei vom NES bis zur PSP und keiner der von mir getesteten Emulatoren macht dem Chip wirklich Probleme.
Das heißt, dass auch eine Reihe von PSP- und PS1-Spiele flüssig und mit Ton laufen. Selbst ältere DOS-Spiele können so unterwegs gespielt werden. Und ganz ehrlich: Die Möglichkeit, geliebte Klassiker verschiedenster Plattformen jetzt auf einem Gerät spielen zu können, lässt die ein oder andere Macke durchaus weniger wichtig erscheinen.
Als Tablet nur mit Einschränkungen brauchbar
Macke? Gibt’s da noch was, außer der mittelprächtigen Performance und dem manchmal etwas bockigen Touchscreen? Leider ja und das ist im Konzept des Gampad 2 begründet. Es ist zwar ein Tablet, dank der seitlich angebrachten Controller aber kein perfektes. Das einfache Problem: Hält man das Gerät in den Händen, kommt man mit den Daumen nicht mehr an jeden Punkt auf dem Display, was bei 7-Zollern ansonsten aber möglich sein sollte. Bemerkbar macht sich das vor allem beim Tippen von Texten auf der virtuellen Tastatur.
Schön ist andererseits, dass man beim Lesen auf das Steuerkreuz zurückgreifen kann, um zu scrollen. Klar sollte dennoch sein, dass das Gamepad 2 in erster Linie für den Spieleeinsatz gebaut wurde. Wer also eher an einem Tablet interessiert ist und nur gelegentlich spielen will, ist mit einem normalen Flachrechner wie dem HP Slate 7 Plus besser beraten.
Akkulaufzeit: Problem erkannt, Problem gebannt
Für Kritik sorgte beim Vorgänger die mangelnde Mobilität aufgrund der etwas mauen Akkulaufzeit. Beim Gamepad 2 ist das glücklicherweise kein echtes Thema mehr. Im Laufzeittest mit einem Full HD-Video, mittlerer Display-Helligkeit und aktiviertem WLAN kam das Gerät bei mir auf gut acht Stunden, bevor der Akku schlappmachte. Beim Vorgänger waren es laut verschiedenen Tests selten mehr als vier Stunden. Wer spielt, kann also damit rechnen, nach etwa fünf bis sechs Stunden an die Ladestation zu müssen. Das ist kein perfekter Wert, für ein Tablet dieser Preisklasse aber durchaus beachtlich. Dem mobilen Einsatz steht deshalb allenfalls die recht üppige Größe im Weg. Zumindest in der Länge kommt das Gamepad 2 dank der Hardwaretasten beinahe auf Maße eines 10-Zollers.
Kaufempfehlung für das Archos Gamepad 2?
Nach über einem Monat Testzeit bin ich mit dem neuen Gaming-Spezialisten von Archos durchaus zufrieden. Über kleinere Mängel wie die nicht immer absolut perfekte Performance und das fehlende Full HD-Display kann ich problemlos hinwegsehen. Das derzeit noch etwas dünne Spieleangebot macht das Tablet mit breiter Emulatoren-Unterstützung und zum Teil auch der Mapping-Software für den Controller wett. Richtig viel Spaß macht es aber gerade, ältere Konsolen-Titel in der Tasche mit sich herumtragen und überall genießen zu können. Wer das als reizvoll empfindet, ist mit dem Kauf des Archos Gamepad 2 durchaus gut beraten.