So! Jetzt wird es dringend Zeit für eine Pause. Vom wilden Getippe auf meinen iPad-Bildschirm habe ich langsam schon ein unangenehmes Brennen in den Unterarmen. Eine gute Gelegenheit, darüber zu schreiben, was ich die letzten Stunden getan und warum ich es getan habe. Ich fürchte fast, es wird angesichts der Sinnlosigkeit des Tuns gar nicht so einfach, das zu erklären. Aber gut, man kann ja wenigsten versuchen, die Faszination Bitcoin Billionaire in Worte zu fassen.
Normalerweise verbringe ich meine Zeit mit RPGs. Unter der Woche, wenn Arbeiten für meine Kunden anstehen und der Terminkalender unangenehm voll ist, kann es dennoch ganz schön sein, zwischen zwei Texten abzuschalten und ein paar Minuten zu spielen. Für solche Pausen sind RPGs einfach nicht geeignet. Es fehlt die Zeit, sich in eine Story zu vertiefen und selbst bei simplen Action-RPGs dauert ein Ausflug in den Dungeon oft zu lang. Als Alternative müssen deshalb seit jeher Browser-Spiele oder simple Casual-Klicker herhalten. Genau dafür wollte ich auch Bitcoin Billionaire. Böse Fehleinschätzung!
I wanna be rich!
Das Spiel dreht sich um einen einsamen Nerd, der kein anderes Ziel hat, als Bitcoin-Milliardär zu werden. Dabei darf der Spieler ihn unterstützen. Ausgangspunkt dieser Reise, die sich immer in nur einem Raum abspielt, ist ein heruntergekommenes Büro mit einem alten Rechner. Die ersten Bitcoins müssen noch in Handarbeit geminet werden. Dafür tippt der Mensch in der realen Welt auf das Display seines iPhone oder iPads, woraufhin der Mensch in der virtuellen in die Tasten haut.
Natürlich wird man so nicht reich. Die ersten verdienten Bitcoins werden deshalb in Upgrades gesteckt. Ein besseres Mining-Programm sorgt dafür, dass unser Gespann das Konto bereits etwas schneller aufbessern kann. Immer nur zu tippen, geht allerdings ganz schon auf die Finger, weshalb das Spiel recht zügig den Weg des passiven Einkommens öffnet. Sind es erst ein paar Eintrittskarten und Comic-Hefte, die auf magische Weise Bitcoins einspielen, kann man sich später eine Farm für medizinische Kräuter, noch später eine eigene E-Sport-Liga und noch sehr viel später ein Zeitreiseportal anschaffen. Daraus macht das Spiel immer wieder neue Aufgabe, die etwa lauten können: „Kaufe dir eine zweite Farm“ oder „Upgrade deine Mining-Software auf Version 6.03“. Die Erfüllung dieser Aufträge wird mit weiteren Bitcoins und Achievements belohnt. So weit, so unspektakulär.
Wer Pause macht, wird kein Bitcoin Billionaire
Bitcoin Billionaire versteht es allerdings, den Spieler bei der Stange zu halten. Zwischen neuen Investitionen, Software-Updates und Achievements gibt es immer wieder Zufallsereignisse, die Aufmerksamkeit erfordern. Mal kommt ein Paket per fliegender Drone angeschwebt und will ausgepackt werden, mal informiert eine E-Mail darüber, dass das Anschauen eines Videos oder das kurzzeitige Aktivieren von Werbeanzeigen einen kräftigen Bitcoin-Bonus einbringt. Manchmal gibt es auch lukrative Booster a la „Für die nächsten 20 Sekunden gibt es pro Mining-Klick das 70-fache Einkommen.“ Und dann wird losgetippt, als gäbe es keinen Morgen mehr.
Das Faszinierende: So banal dieses Konzept klingt, so fesselnd ist es. Kleiner Nachweis? Seitdem Bitcoin Billionaire auf meinem iPad läuft, habe ich sage und schreibe 113.997 Mal geklickt, um neue Bitcoins zu erzeugen. Ich habe 909 Kisten geöffnet und 55 Aufgaben erledigt. Warum? Das weiß ich auch nicht so genau. Ich war wohl im Rausch. Und genau deshalb ist Bitcoin Billionaire als Lückenfüller eine verdammt schlechte Wahl – aber definitiv ein beeindruckend gut gemachtes Spiel, das nur herunterladen sollte, wer die nächsten Stunden wirklich nichts anders vor und keine Angst vor einer Sehnenscheidenentzündung hat.
Der Download ist übrigens kostenlos…sieht man von der Zeit ab, die später mit großer Wahrscheinlichkeit für immer im digitalen Nirvana verschwindet.
https://itunes.apple.com/app/id911117141
Mir ist bewusst, dass Bitcoin Billionaire kein RPG ist. Aber vor diesem Wahnsinn muss man warnen – oder ihn empfehlen.